:-o :-) ~.~

Stellt euch vor, ihr wollt euch mit einem Freund in der Stadt treffen. Es gibt einiges zu erledigen, aber weil alles schneller verläuft als geplant, fragt ihr den besagten Freund, ob ihr beide den Treffzeitpunkt und -Ort nicht ändern wollt. Ihr gibt an, dass euer Gerät bald kein Akku mehr hat und seid ein bisschen besorgt, dass es in der Zwischenzeit ausgehen könnte. Der Freund antwortet nicht sofort, und so schlendert und flaniert ihr gemütlich und zugegeben nun etwas planlos durch die Stadt. Ihr wartet auf ihn, und ihr hasst lange warten zu müssen. Irgendwann dann vibriert euer Smartphone und ihr schaut auf's Display, die erwartete SMS eures Kumpels ist da mit folgender Nachricht:

"Falls du diese SMS noch lesen kannst - ich muss noch laufen bis zum HBf und bin jetzt erst los. Ich habe es vorhin so geplant, um 17:30 auf jeden Fall beim Tor zu sein, aber so muss du dich noch gedulden. Bis bald"


Wie wirkt die SMS, was könnte ihr fehlen? Menschen, die entweder sehr konkret sind oder die andere Person oder den Umgang mit SMS selbst kennen, werden sich nichts bei der Kurznachricht denken. Immerhin hat dieser Freund eine längere Strecke zu Fuß vor sich und um Zeit zu sparen, hat er schnellen Schrittes diese SMS quasi im Laufen verfasst - bemerkenswerter Weise in diesem Beispiel ohne einen der typischen orthographischen Touchscreen-Tippfehler zu machen, aber egal. Wirkt die Message aber nicht auch irgendwie kalt, kurz angebunden, verurteilend und fast schon in einem erheblich gekippten Gemüt verfasst? Die Sache ist: Wären EMOTICONS in diesem Text enthalten gewesen, würde das Ganze schon deutlich entspannter aussehen:

"Falls du diese SMS noch lesen kannst - ich muss noch laufen bis zum HBf und bin jetzt erst los^^. Ich habe es vorhin so geplant, um 17:30 auf jeden Fall beim Tor zu sein, aber so muss du dich noch gedulden :-P. Bis bald ;-)"

Sprache erweitert sich, und während es Unterschiede in der gesprochenen und geschriebenen Kommunikation gibt, so finden wir hier die Evolution in der Schriftsprache, die durch die neue Kommunikationstechnik vorangetrieben wurde. Der Mensch denkt in Bildern. Wir haben zwar abstrakte Schriftsysteme entwickelt, - denn an was soll uns die Ziffer 2 bitte bildlich erinnern? An Ying und Yang? (Vielleicht!) - aber es gibt auch Schriftsysteme wie im Chinesischen, wo es eine deutliche Zuordnung von Bildern gibt, mit denen das Lernen von chinesischer Schrift sehr simpel wird.

Emoticons stellen also nun ein sehr bildliches neues Schriftsysteme dar, dass wir in unsere alltägliche von Whatsapp und SMS geprägte Alltagskommunikation einbauen. Noch empfinden wir diese als unseriös, ja fast schon kindisch, und wir selbst wollen vielleicht auch nicht wahrhaben, dass wir so sehr auf Emoticons stehen. Aber der Welt schenke ich lieber grundsätzlich ein Lächeln. Das wird mit den Emoticons nun auch schriftlich möglich. Vor allem lassen sich nicht nur Gefühle gut darstellen, sondern auch komplexere Inhalte wie die IRONIE. Vor vielen Jahren wurde einmal extra für die Ironie ein Satzzeichen vorgestellt. Es sollte wie ein blitzartig gekrümmtes Ausrufezeichen aussehen. Wie ich finde, eine sehr gute und schöne Idee, doch wurde dieses Harry Potter-Malzeichen nicht akzeptiert und so dümpeln wir schriftlich gesehen immer noch in einer gerade in der Ironie unbrauchbaren Uneindeutigkeit. Was bringt es einem selbst, wenn der Zuhörer die Ironie einfach nicht mitbekommt, selbst wenn ihr denkt, einen Sieg damit zu erringen, so ist die fehlende Erkenntnis des Gegenübers doch eher wie das unausgepackte Geschenk eures Liebsten - unbefriedigend. Emoticons haben, wie mir scheint, aber dieses Problem umgangen und zeigen da sogar noch eine Fülle an Variation. Besonders in Asien, durch eigene Recherche vor Ort, aber auch mit gewissen Ersatzapps, um japanische Schriftzeichen auf meinem koreanischen Smartphone schreiben zu können, bin ich auf eine Vielfalt an Emoticons gestoßen, die besagt, wie weit der Westen in dieser Hinsicht zurückliegt. Nun, ganz abwegig ist es nicht, anzunehmen, dass die Ostasiaten eher mit Smileys kommunizieren mögen, während der sture Westen weit weg vom Kawaii-Konzept lieber in deutscher Nüchternheit verfasst. Doch, müssen wir uns so sehr darauf versteifen, dass wir Gesichter sehen?

Im Grunde sind auch Emoticons nur ein ganz zähes Schriftsystem, dass wir zu interpretieren versuchen. Was ist es schon: nichts mehr als ein Doppelpunkt, ein Bindestrich und eine schließende Klammer oder ein Großbuchstabe. Das Ergebnis: :-) oder :-P.
Und so müssen wir es auch sehen, nämlich als eine komplexe Zeichenfolge, die einen Kontext oder Begriff darstellt bzw. stabilisiert. Es ist sogar besser, weil es intuitiver wirkt, Gegenbeispiel: Warum ist das Ausrufezeichen ein Strich mit einem Punkt unten, ein umgekehrtes i? Macht das überhaupt Sinn?

Um einen Blick in die Zukunft zu wagen, nehme ich mal an, dass Emoticons auch in der Literatur verwendet werden, in der Prosa, also in der Kunst. Nicht mal ich kann mir das vorstellen und finde das erbarmungswürdig hässlich, wenn ich meine Texte mit Emotiocons besetzen sollte. Vielleicht bleibt es auch für ewig ein Ding der zwischenmenschlichen Kommunikation im Alltag, aber wer weiß. Wenn diese Annahme also Realität werden sollte, besteht da die Möglichkeit der Verbreitung von Emoticons im seriösen Gebrauch der Sprache. Und dort wiederum ist sie weit zurück zur Verschmelzung der Schriftzeichen, die in der Alltagssprache weiter vollzogen wird. Aus Emoticons könnten wieder neue Symbole geschmolzen werden; aus einem Schriftsystem, dass wir in Deutschland nutzen, könnten zwei werden, die gleichzeitig und parallel ihre Gültigkeit aufweisen. Die Japaner nutzen ja auch drei Systeme gleichzeitig, die traditionell chinesischen Zeichen namens Kanji für ganze Begriffe, sowie die Silbenschriften Hiragana und Katakana, wobei Katakana z.B. Anwendung findet bei Begriffen und Namen, die keinen japanischen oder ostasiatischen Ursprung haben.

Soweit ist das nur eine Feststellung meiner selbst, als ich die oben genannten SMS verfasste (und im realen Leben habe ich viele dieser Smartphone-Tastaturfehltritte gemacht^^). Aber nun, auch das muss dokumentiert werden, will ich als einer der Ersten gelten, der diesen Lauf der Kommunikationsgeschichte wahrgenommen hat. Was ich nicht tue. Aber ich bilde es mir ein. In diesem Sinne: Thanks for reading.




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