"Madame Germaine Dulac ist eine Fotze."

Hier eine humorvolle Geschichte, wie damals in den 1920ern noch aktiv gegen schlechte Filme bei Premieren vorgegangen wurde. Zudem ist es eine unterhaltsame Anekdote, wie krass die Surrealisten drauf waren. Entnommen habe ich diesen Absatz  aus Mark Polizzotis Biographie "Revolution des Geistes - Das Leben des ANDRÈ BRETONS". Dies ist eines der besten Bücher, wenn man den Surrealismus in seiner Essenz verstehen will, gebunden an dem sogenannten "Papst des Surrealismus".

Sie [die Surrealisten] machten sich auch auf, um Artaud in seinem Protest gegen den Film La coquille et le clergyman zu unterstützen. Obwohl der Film nach Artauds eigenem Drehbuch gemacht worden war, hatte die dürftige Realisierung des Projekts durch die Regisseurin Germaine Dulac seinen Zorn erregt. Zur Premiere am 2. Februar [1928] im Studio des Ursunlines erschien Breton mit einem Exemplar von Artauds Originalskript, das er vor dem vollbesetzten Haus während der Aufführung des Films vorlas und anhand dessen er auf die Unterschiede zwischen Artauds Absichten und Germaine Dulacs Produkt hinwies. (Artaud saß währenddessen in einer anderen Ecke des Kinos mit seiner Mutter, doch an der Demonstration nahm er aktiv nicht teil.) Das Publikum tat ein Bestes, um Breton zu ignorieren und den Film anzuschauen, doch dann brüllte eine andere Stimme - vermutlich die von Desnos - in der Dunkelheit: "Wer hat diesen Film gemacht?" Worauf eine dritte Stimme antwortete: "Madame Germaine Dulac." - "Und wer ist Madame Germaine Dulace?" Daraufhin erhob sich Breton und verkündete in seinem eigenen, höchst höflichen Ton: "Madame Germain Dulac ist eine Fotze." Madame Germaine Dulac selbst fiel in der ersten Reihe in Ohnmacht, während der Besitzer des Kinos, Armand Tallien, wie es sich gehörte, die Surrealisten hinauswerfen ließ - wobei diese bei ihrem Abgang Obszönitäten riefen und die Spiegel des Hauses zerschlugen.

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