Till the fucking wheels come off, baby

Special Agent Fox Mulder war eines der geheimen Helden meiner Kindheit. Und wie ich langsam erwachsen wurde und mit Literatur, Liebe und Sex zu kämpfen hatte und zu spielen begann, wurde aus dem geheimnisvollen FBI-Ufojäger-Superhelden der Inbegriff von Rock'n'Roll-Revolte: Hank Moody. Die letzte Folge CALIFORNICATION wurde in den USA ausgestrahlt, mit der siebten Staffel endet nun die Geschichte um den talentierten und gutaussehenden Literaten Hank Moody, der von einem alles verschluckenden Chaos verfolgt wird und dabei sein Leben zu schützen versucht, das sich wie Sand nur schlecht in seinen Händen zusammenhalten lässt.

Die Figur des Hank Moody beweist, was in Zeiten von Film und Fernsehen lange vergessen schien: dass richtig gemachte Literatur die treibende Kraft von guter Rock-Musik haben sollte. Es provoziert, greift an und macht die Mädels feucht, es ist dionysisch bis zum Ende, aber unter all der 1920er Jahre ähnlichen Dekadenz, die die Serie vor allem auch ihre verbale und surreale Komik aufdrückt (ich verweise auf die Party-Folgen, welche ich immer am meisten genossen habe!), ist und bleibt der romantische Gehalt einer wahren Liebe am eindeutigsten, welche nach wie vor der größte revoltierende Akt bleibt. Rumzuficken ist leicht, besonders für Moody, aber dass er sich sicher ist, die Eine bereits gefunden zu haben und nie um sie zu kämpfen aufhört, ist fucking inspirierend. Aber der Charakter wäre nicht so gut, wenn er nicht auf manchmal komischer Weise absolut tragisch wäre, weshalb er immer wieder dieselben Fehler macht; und wenn er die Fehler mal nicht selber oder bewusst nach sich gezogen hat, wird er vom schlechten Karma seiner früheren Entscheidungen eingeholt und in einen Abgrund gestoßen. Die Liebe scheint dann weiter weg, als je erhofft. Doch er gibt nie auf, genau wie Sisyphos den Stein von Tag zu Tag immer wieder hoch auf den Berg hievt und dieser dann jedes Mal runter rollt, und somit die ganze Arbeit von Neuem beginnt. Eine Analogie auch zum Schreiben, was bei einem Literaten als Protagonisten ja auch nicht weiter verwunderlich sein sollte. Das Problem in der ersten Staffel war damit schon gegeben: Hank schreibt nicht. Ein geeigneter Startpunkt für die Tragödie, denn ein Künstler in Krise zieht immer dunkle Dämonen mit sich, besonders wenn eine unverhofft junge Lolita ihre raubtierartigen Krallen der Macht erprobt. Ohne Mia wären die ersten vier Staffeln nie so gut geworden, welche den irdischen Verstrickungen Hanks im Einzelnen den nötigen Rahmen im Gesamten geben und so eine Geschichte erst wirken lassen. Fucking and Punshing. Ficken und Schläge. Pieprzenie i walenie.

Da setzt auch die einzige Kritik an, die ich für die Produktion von Californication habe, nämlich das ab Staffel Fünf eine sowieso schon recht sexualisierte, aber immer mit einem smarten und versautem Humor versehene Serie in das übertrieben Comichafte übergegangen ist. Die Charaktere wurden zu eindeutigen Comicfiguren, was auch nicht weiter schlimm wäre, besonders bei dem für den Hip-Hop stehenden "Samurai Apocalypse" (gespielt von RZA), der liebevoll von Hank auf Sam Ap runtergekürzt wurde, oder der Rock'n'Roll-Rotschopf aus Staffel Sechs. Aber neben den Charakteren wurden auch die Situationen genauso verzerrt und übertrieben, sodass jegliche literarische Komponente weggedrückt wurde für eine eher flache Trash-Literatur. Nun, auch Trash kann genial sein, sonst würde Pulp Fiction nie das Licht der Welt erblickt haben können, und so macht es auch dennoch weiter Spaß, Californication zu schauen. Aber der Rahmen um Mia fehlte, oder eine ähnlich verzwickte Situation, es ging nur noch um die Rückeroberung von Karen, welche einfach aus lauter Zufällen ständig gestört wurde und dadurch in dieser Welt, die dafür in sich auch stimmig bleiben sollte, unglaubwürdig erschien.

SPOILER:
Staffel Sieben begang da sehr vielversprechend. Man wundert sich, dass ein Mann wie Hank Moody bei so vielen wechselnden Geschlechtspartnern kein Mal in der Serie mit folgenden Dingen konfrontiert wurde: Geschlechtskrankheiten (wie auch, würde es die Attraktivität und den Mythos um Hank Moody zerstören) und weiteren Kindern. So war es an der Zeit, dass Hanks Sohn Levon die Stage betritt und als weiterer übertrieben gezeichneter Charakter mir aber das meiste Lachen entlocken konnte. Die erste Hälfte der letzten Staffel war vielversprechend, die zweite jedoch langweilig. Das Ende, auf dass die Serie hinzuschlenderte, war nicht mehr als ein Spaziergang. Es fehlte die Achterbahnfahrt wie bei Dexter oder Breaking Bad, aber wir haben es auch mit einer Komödie zu tun, daher sei dies noch verziehen. Die letzten Bilder und Szenen waren dann doch berührend, wie sie dem Zuschauer die mögliche Katharsis mit Hanks liebsten Menschen zeigten. Zuletzt war auch der Brief von Hank an Karen eine wunderschöne letzte Botschaft, die das ruhige, aber eben auch gechillte Ende einer turbulenten Serie vermitteln sollte. David Duchovny hätte sich zwar selber gewünscht (Quelle: Rolling Stone), dass Hank stirbt - die Jahre dieser Dekadenz konnten nicht spurlos an ihm vorbei ziehen -, aber auch ich bin froh, obwohl ich den Tod des Helden mit aller Missgunst doch immer sehr befürworte, dass Hank friedlich mit Karen in der Hand einer weiterhin unbestimmten Zukunft, die zumindest voller Hoffnung und Gnade zu sein scheint, entgegenfliegt.  
 "Till the fucking wheels come off, baby."

So ist der Porsche, dieses Symbol von Hanks Life-Style, am Ende ein leerstehender Wagen inmitten einer unbestimmten Straße im Abendschein der Californischen Sonne.

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