DEXTER: Licht und Dunkelheit

Serial Killer #5: JORDAN CHASE - Darkness...
DEXTER Season 5 - Kann ich Verantwortung für meine Taten übernehmen - und Reue zeigen?

So ist Dexter also direkt mit der Leiche seiner Frau zurückgelassen worden, das vernichtende Geschenk eines wahren Dämons. Während er in Staffel 3 und 4 ungehindert agieren konnte, steht Dexter nun wieder unter besonderer Beobachtung, zu viele Fragen wirft die letzte Mordwahl des Trinity-Killers Arthur Mitchell, sein plötzliches Verschwinden und Dexter als Opfer auf. Selbst unser Protagonist ist diesem Stress nicht gewachsen, tötet daher in dieser Staffel seinen ersten "unschuldigen" Menschen im Affekt und plagt sich mit der Frage, wieviel Schuld er am Tod Ritas und der Halb-Verwaisung seines Sohnes hat. Die Wendung in dieser wirklich dunklen Episode von Dexters Leben kommt durch einen erneuten Fall zu Stande, als Dexter das Vergewaltigungsopfer LUMEN PIERCE im letzten Moment rettet. Sie führt Dexter zu ihren Peinigern zurück, welche eine Bande von Männern ist, die einer charismatischen Führerpersönlichkeit in ihrer Gruppe huldigen. Die Psychopathen-Darstellung als Einzeltäter hat mit dem Trinity Killer einen Zenith erreicht und musste wohl neue Formen annehmen. JORDAN CHASE ist somit der Psychopath-Feind der Staffel, der keinen Mord selbst begeht, aber andere, schwächere Menschen zu ihren Taten treibt und sie somit seiner Macht unterwirft. Lumen ist diejenige, die Rache sucht, und Dexter beschließt ihr zu helfen. Sie erfährt im Gegenzug zu Lila und Rita konkret sein wahres Wesen, weil sie dadurch gerettet wurde, und nimmt die weitere Hilfe davon in Anspruch. Und anders als Miguel Prado verfällt sie nicht ihrer Dunkelheit, sondern, wie ihr Name schon sagt (der wohl eindeutigste symbolische Name in der gesamten Serie), findet gerade durch die Zerschlagung der Vergewaltigerbande wieder zum Licht. Sie wird zum Beispiel und Hoffnungssymbol für Dexter, dass auch er irgendwann seine Tötungsgelüste, seinen Dunklen Begleiter verlieren und ein normales Leben führen kann. Aber es verbleibt bei einem Realbeispiel und Symbol, denn sie verschwindet wieder aus dem Leben Dexters.
...and Light: LUMEN PIERCE

DEXTER Season 6 - An was kann ich glauben - und kann ich überhaupt Mitgefühl zeigen und vergeben? -

Soweit hat die Serie nur soziale Aspekte für einen geborenen Soziopathen abgehandelt. Es ging um die dunkle Seite im Menschen, Akzeptanz und Liebe, Kreation, Freundschaft, Familie, Reue, Hoffnung. Doch was ist mit Gott? Religiösen Gefühlen? Ein für die Amerikaner immer noch recht sensibles Thema. In dieser Staffel trifft Dexter auf BROTHER SAM, einem Ex-Kriminellen, der zum rechten Weg gefunden hat und anderen Gefährdeten eine Chance bietet, aus Problemen raus zu bleiben. Er lehrt Dexter an seinem Sterbebett Vergebung. So hat Dexter seinen ersten wahren Freund gewonnen und schnell auch wieder verloren. Getötet wurde Bruder Sam von einer zufälligen Person, doch die Staffel nimmt noch apokalyptischere Züge an, da sich diesmal ein vermeintliches Psychopathen-Duo gefunden hat, das wie in David Finchers SEVEN nach religösen Motiven tötet und Botschaften hinterlässt, eben ein klassischer Psychopathen-Thriller. Während dabei die Fragen nach Glauben, das Böse und Gott von Dexter bedacht werden, was durchaus spannend im Bezug auf seine condition ist, so hatte die Serie vom Serienkiller nichts Originelles, bis es sich dann doch überraschend wendete.
Serial Killer(s) #6: TRAVIS MARSHALL & PROF. JAMES GELLAR
TRAVIS MARSHALL, der eingeschüchterte und zweifelnde Mitstreiter vom Serienmord-Mastermind PROFESSOR JAMES GELLAR, dem er zutiefst ergeben war, stellt sich als alleiniger Täter heraus, der James Gellar bereits lange vorher getötet und eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt hat. Was hat Dexter während der Verfolgung von Travis gelernt? Dass er wohlmöglich nicht an Gott per se glaubt, doch dafür an den Code von Harry. Um ehrlich zu sein, habe ich auch viel vergessen von den Erkenntnissen Dexters zu dem Thema, auch wenn sie fulminant spannend waren und das Dunkle im Menschen wieder gut integriert haben. Aber warum Staffel 6 wirklich schockierend ist, ist die Geschichte, die zwischen Dex und seiner Schwester Debra läuft. Sie erkennt, dass sie als Adoptiv-Schwester sehr wohl auch mehr als geschwisterliche Gefühle für Dexter empfinden kann, doch als sie dazu bereit war, dies vor Dexter zu eröffnen, entdeckt sie ihn direkt beim Mord an Travis...

DEBRA & DEXTER MORGAN
DEXTER Season 7 - Wird meine Schwester mich der Polizei übergeben? -

Thematisch hatte ich schon von Anfang an den Eindruck, dass Staffel 7 eine neue Variante des Themas von Staffel 5 ist. Debra muss sich nun damit auseinandersetzen, und das muss man sich nochmal um mehrere Potenzen heftiger vorstellen als unsere Probleme, dass ihr Bruder ein Serienmörder ist, der auch als Bay Harbor Butcher der Polizei bekannt ist, aber dessen Taten fälschlicher Weise einem anderen Unschuldigen angehängt wurden. Und dass ihr Vater sogar eine wichtige Rolle in dieser Geschichte einnimmt. Debras Realität muss zweimal sterben, einmal bezüglich ihres Idealismus und der Vorstellung davon, wer ihr Vater und Bruder sind, sowie die neu entdeckte Liebe zu ihrem Bruder. Spätestens hier rückt Debra endlich auch ins direkte Zentrum der Geschichte. Sie ist zwar immer schon wichtig gewesen und hat viele Momente von Schlüssel-Erlebnissen geboten, auch ihre Charakterentwicklung von einer einfachen Undercover-Streifenpolizisten bishin zum Lieutenant wurde überzeugend vorangetrieben. Aber erst jetzt scheint sie auf einer Ebene mit Dexter, der Ebene des Haupt-Protagonisten, zu stehen. Ihre Beziehung zueinander, und wie sie geschädigt wird durch die wahre Identität von Dexter, aber auch eine Chance bietet, ist zentrales Motiv dieser Staffel. Neben dieser geschwisterlichen Beziehung gibt es auch zwei weitere wichtige Konfrontationen, welche zwar von Serienmördern ausgehen, die jedoch keine Psychopathen sind.
ISAAK SIRKO ist ein äußerst brutaler und kaltblütiger Mafia-Boss, der Rache an Dexter nur aus dem Grund geschworen hat, weil Dexter den homosexuelle Liebespartner von Isaak töten musste. Somit wird er zu einem Gegner, aber stellt ausnahmsweise kein Feindbild dar, denn er lehrt Dexter sogar etwas: den Wert der Liebe. Diese hat Dexter überraschender Weise in HANNAH MCKAY gefunden. In einer wunderschönen Szene, die zugleich eines der erotischsten ist, die ich je gesehen habe, vereinen sich Dexter und Hannah, bei denen von Anfang an eine verwirrende Spannung herrschte. Sie hat ihn nicht nur erkannt und durchschaut, genauso konkret wie Lumen, sondern auch absolut akzeptiert und sogar ihren Tod durch seine Hand hingenommen, hätte er es in dem Moment vollzogen. Hannah ist vielleicht die Versprechung auf eine wahre Liebe für Dexter, zu der er sich zudem auch sexuell angezogen fühlt (das erste konkrete Mal in seinem Leben). Doch gegen Ende der Staffel scheint auch Hannah McKay, deren "Spezialität" das stille und heimliche Vergiften ist, nicht vertrauenswürdig zu sein, da Debra ihr im Weg steht, die trotz der bitteren Wahrheit zu ihrem Bruder hält. Wie so oft wählt Dexter seine Schwester vor allen anderen. Doch als Sergent MARIA LAGUERTA, die ebenso von Anfang der Serie eine wichtige Rolle als Vorgesetzte der Morgan-Geschwister spielt, auf Dexters Wahrheit stößt, so kommt es zu einem alles entscheidenden Moment - und Debra erschießt LaGuerta anstatt Dexter.
Von allen acht Staffeln, die die Serie DEXTER ausmachen, ist diese siebte Staffel wohl die komplexeste und reifste von allen. Sie ist weniger offensichtlich als die vorherigen Staffeln in ihren Motiven und Themen, aber umso tiefer in ihrer Psychologie. Wie reagieren andere Menschen auf Psychopathen? Und wohin treibt es die Liebe, die Familie? Im Falle von Debra hat sie gegen all ihre Werte gehandelt und einen unschuldigen, rechtschaffenden Menschen getötet. Diese Schuld ist sogar größer als die von Dexter gegenüber Rita.


DEXTER Season 8 - Kann ich geheilt werden? -

Serial Killer #7: OLIVER SAXON / DANIEL VOGEL
In der achten Staffel, die nur drei Monate Wartezeit abverlangte anstatt der üblichen neun, werden noch einmal viele interessante Themen aufgegriffen und Motive gespielt, alles in Richtung der letzten Frage: Wie wird die epische Geschichte von Dexter Morgan enden? Kein wahrer Fan oder Literat hat jemals an ein Happy End geglaubt. Als der Schauspieler von Dexter, MICHAEL C. HALL, meinte, er sei zufrieden darüber, wie die Geschichte ihr Ende nimmt, war ich schon sehr gespannt. Bevor ich an das Ende gehe, sollte ich aber zuerst die Staffel erläutern und auch kritisieren. Denn ich empfinde trotz des Endes und der geilen Ideen diese Staffel leider eher schwach. Was ihr fehlt, ist eine gute Komposition.
Staffel 8 handelt von Debras Absturz und ihrem Hass gegenüber Dexter, weil aus ihr etwas Mörderisches und Böses geworden ist, was sie nicht verkraften kann. Gleichzeitig wird Dexter mit der Psychologin DR. EVELYN VOGEL bekannt gemacht, die als "Psychopathen-Flüsterin" sich einen Namen gemacht hat und sich bei einem neuen Fall der Polizei behilflich zeigen will. Dexter erfährt von ihr, dass sie Henry den Code als Lösung angeboten hat, und somit Dr. Vogel die geistige Mutter von Dexter ist. Sie ist auch das Bindemittel, dass Debra wieder aufbaut und mit Dexter zusammenbringt. Und außerdem überredet sie Dexter, einen Schüler aufzunehmen, ZACH HAMILTON, ein Soziopath und Mörder wie Dexter, der kurze Zeit tatsächlich zum Novizen Dexters wird und wieder etwas gelassenere Komik in die dunkle Geschichte bringt. Zudem ist Hannah aus dem Gefängnis ausgebrochen und nach Miami geflohen, aber nicht um Rache an Dexter auszuüben, sondern Reue zu zeigen und ihn und Debra von ihren wahren Intentionen zu überzeugen, dass sie Dexter wirklich liebt. Unser Protagonist entscheidet sich für etwas Radikales: das Dasein als Serienmörder in Miami aufgeben und mit Hannah und seinem Sohn Harrison in Argentinien ein neues Leben beginnen. "The family that kills together". Wir als Zuschauer ahnen, dass es nicht so einfach wird, wie es klingt. Ein Psychopath ist noch draußen, der Sohn von Dr. Vogel, der absolut keine Empathie besitzt und zu Anfang als der BRAIN SURGEON ein Opfer in der ersten Folge liegen lässt, das sehr stark an die aller erste Folge von Dexter in Season 1 mit dem ersten Opfer des Ice Truck Killers Brian Moser erinnert. Dieser Serienmörder namens OLIVER SAXON bzw. DANIEL VOGEL ist Grund für furchtbare Komplikationen, welche ich nochmal am Ende genauer erläutern will. Unter anderem hat er Evelyn Vogel, seine eigene Mutter, umgebracht.

So weit, so gut. Die Staffel bietet reichlich Ideen. Die Idee, in der letzten Staffel nochmal auf neurologisch-medizinischer, sprich: wissenschaftlicher Ebene auf das Thema des Psychopathen im Hinblick auf den "Brain Surgeon", der das Hirn seiner Opfer aufschneidet und den Teil des Gehirns entfernt, der für Empathie verantwortlich ist, liegt offensichtlich auf der Hand bei dem Thema, unf man fragt sich, warum das nicht schon früher in der Serie gebracht wurde. Aber gerade im Kontext der letzten Staffel macht die Platzierung hier am meisten Sinn und ist genial zugleich. Gerade auch, weil Dr. Evelyn Vogel als Expertin der perfekte Charakter ist, um viele Inhalte beizusteuern. Dies war meine Hoffnung. Sie war in der Tat nicht unnütz, Vogel hat unter anderem eine interessante Theorie zu Psychopathen als Motor unserer Zivilisation hingelegt, die ihren Creepness-Faktor erhöht hat. Ich dachte die ganze Zeit, dass Dr. Evelyn Vogel der wahre Haupt-Psychopath der letzten Staffel ist. Doch dem ist leider nicht so. Ihr Sohn kam da ja ins Spiel.
Was mich auch verwirrt hat, ist, dass dieses Brain Surgeon-Motiv so schnell abgehandelt wurde, in Episode 5 wurde der vermeintliche Brain Surgeon geschnappt, der rein zufällig zum kompletten Profil passt, aber es dann doch nicht ist. Die Rückkehr des "echten" Brain Surgeon als Oliver Saxon war zwar ein überraschender Hit, aber es hätte nicht sein müssen, die Staffel mit diesem Skript in zwei Teile zu trennen. Außerdem finde ich es zu schade, dass Zach Hamilton als Novize Dexters gerade mal ein paar wenige Folgen leben durfte. Gerade wo man angefangen hat, mit seiner Rolle zu sympathisieren - ist er getötet worden. Wäre er von Anfang an in die Story eingewoben worden, hätte der Zuschauer mehr Zeit gehabt, ihn lieb zu gewinnen, und ihn erst weit am Ende opfern sollen. Also diese drei Motive: Brain Surgeon, Mutter und Geistiger Sohn sind genial, aber hätten von Anfang an und parallel verwoben werden müssen. Im Endeffekt ist so eine Geschichte eben auch eine Komposition, wo Motive und Themen immer wiederkehren, sich aufbauschen und letztlich episch werden. Nun habe ich viel Dampf abgelassen, es ist nicht die beste Staffel der Serie. Aber ändert es etwas daran, diese Serie und ihr Ende zu schauen? Ganz und gar nicht, die LEGACY von DEXTER bleibt.

Wer das Finale bereits gesehen hat, der darf HIER weiterlesen.

Wenn ihr euch stattdessen nochmal mein Rückblick auf die ersten vier Staffeln reinziehen wollt, dann lest HIER weiter.

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