Weil ich Musik hasse

Jedes Arschloch, das von sich behauptet, es ist ihm egal, was andere von seiner Lieblingsmusik halten, lügt so dreist, dass ich dafür jeden einzelnen dieser verlogenen Penner eine klatschen möchte. Es gibt vielleicht tatsächlich die Menschen, die der Musik selbst nicht viel abgewinnen können, aber da fragt sich einer dann nicht eher, ob die mit einer Behinderung zur Welt gekommen sind und einen gelben Schein ausgestellt bekommen sollten. Musik durchzieht alles, was wir machen. Es läuft im Film, es läuft im Radio, jeden Tag der verdammte selbe Scheiß, der jedoch feierlich von der Meute angenommen wird, auch wenn mir das hunderste Mal das behinderte Lied, das nach Knochenklappern klingt, mehr als genug die Kotze hochkommen lässt. Jeder hält sich für einen Judge Dredd, der das Gesetz über gute Musik buchstabiert hat und damit über andere richten kann. Ob diese ausdrucksschwachen Musik-08/15-Hörer, die mit ihrer Unoriginalität die ganze Kunst in die Meth-Abhänigkeit schicken, oder die Individualisten von Konformisten, die sich nur in ihrem kleinen Mini-Subgenre für die verwegensten und geilsten Helden halten. 

Musik ist ein Maß, wer du bist.

Du hörst eher digital, oder doch lieber analog. Du ordnest akribisch deine Alben und Songs und reihst sie in besonders durchdachten Playlists ein, oder weißt nicht einmal, wie das Lied heißt, der aus deinem iPhone gröhlt. Du interessierst dich eher für Beethoven, Jack White oder David Guetta - was heißt schon "interessierst", sondern du findest's geil. 

Ich hasse es, wie mit der Musik umgegangen wird. Und ich hasse auf beide Seiten gleich viel. Der Hass ist so triefend, da werd ich gelb vor lauter Galle. Sowohl die, auf die ich absolut kein Bock habe, wie auch die, die ihre Musik für besonders gehoben halten. Wenn Musik Religion wäre, und das ist sie wohl auch schon im gewissen Maße, dann schwimmen wir in einem See aus Leichen. Fuck, dieselben Spasten finden sich überall. Ich sehe sie jeden Tag, ich erlebe sie auf jeder Uni-Party, welche von denselben jedes Mal bis zum letzten Scheiß zu Grunde organisiert wurde. Da nehme ich mit einem Grußwink an die Münchener Filmhochschüler noch eine Ausnahme, eure Party war die Beste, Bravo - Bravo!

Wie die Verbrecher bei den zuletzt bekannten Kreuzigungen, die verbliebenen Hexen in den langsam erlöschenden Flammen der Scheiterhaufen oder die schon fettsüchtig gespielten Terroristen bei Counter Strike ziehe ich alle Register und verurteile die selbsternannten Richter, welche die Musik gar nicht begreifen können und mit dem Strom schwimmen, als auch die, die so gerne neue Musik ausprobieren, dass sie im Endeffekt gar nichts haben, weil sie eben nie bei einer Sache auch mal länger als eine Woche bleiben können. Allein schon dieses Subkultur- und Genre-Geficke: Verblödete Technofreaks, längst ausgestorbene Hip-Hoper, die auf Ewigkeit im Verließ des Kitsch angeketteten Gothics und Metalheads, alles kriecht und fleucht und hält an Ideologien fest, die genauso marode sind wie ihre neuesten CD-Cover. Wieso nicht einmal Essenzen spüren und wahrnehmen, anstatt einem Götzenbild zu dienen? In der Schulzeit war ich nicht besser. Ein Nazi der Gitarrenmusik. Doch wer hätte gedacht, dass der Albtraum noch in der Studienzeit weitergeht? Die Geschmacksamputierten können einen coolen Sound von der Radiogrütze nicht unterscheiden, und sehen sich noch in der Position, diese selbstverschuldete Missgunst Ausdruck verleihen zu müssen. Ein Glück, dass sich keiner bei mir eine Bombe abgeholt hat. 

Aber aber, wer wird hier gleich gewalttätig, letzten Endes wollen wir alle dasselbe und zwar einfach ein wenig zur Musik kiffen, saufen, ficken. Etwas absolut Geistiges oder Intellektuelles daraus zu machen - das ist doch vor allem was für die Alten, die Puristen und die Konservativen. Im gleichen Maße wie jemand von den Sprachnazis peinlich genau auf Anglizismen und so überaus witzige Begriffe wie Scheiße, Fotze oder Masturbieren anspringt. Was haben diese Worte einem angetan, dass sie als verwerflich empfunden werden? Nichts! Wiederholt ein Wort zehn Mal schnell hintereinander und seine Leere oder auch Witzigkeit wird euch zum Lachen bringen.

Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze Fotze. 

Und schon sprechen wir Chinesisch -  Fo tse, und können darüber schmunzeln. Wovor hatten wir da eigentlich Angst?

Wovor hast du Angst, wenn jemand deine Musik ablehnt? Dass du selber abgelehnt wirst. Die Musik als das Maß, wer du bist: Jemand empfindet Abneigung gegen das, was du als schön und tief berührend findest, und sie meinen es auch so, auch wenn sie nett lächeln und zustimmend nicken - sie neigen sich von dir ab. Genau dieses Abneigen ist dann vergleichbar intim und verletzend, wie nach dem Kommen schnell Goodbye zu sagen, und darum erzählen wir auch nicht mehr jedem, was wir hören. Das, was alle hören, ist gerade gut genug, aber seine tiefen Gefühlsmomente der Musik mit einem zu teilen, braucht viel Mut und Vertrauen. Fast schon empfindet manch einer, sich für seine Playlist entschuldigen zu müssen. Aber wieso, frage ich meine lieben Jünger, wieso?! Wieso können wir arroganten Flachwichser nicht einfach denken: Cool, dass er das hört.  
Manchmal wenn wir allein zu sein scheinen, mit unserem bestimmten Augenmerk auf die Welt (der Musik), mit unseren Sinnen geschärft für die bestimmten Feinheiten, heißt das nicht, dass wir die Welt falsch hören oder lesen und an den Rand des Aussterbens getrieben werden. Niemals dürfen wir uns einreden lassen, nicht normal zu sein. Jeder, der dir das einreden will, ist ein Schwächling, der seine eigene Position stärken will. Die Schwachen, von den Nietzsche spricht - die einen runterdrücken wollen mit ihrer eigenen Moral.

Der Übermensch - das sind wir, die verwoben in Musik diese für uns selbst hören... und nicht für die anderen.

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