Fünf Orte Japans

Manchmal gibt es nichts Schöneres, als lang nicht mehr gehörte Musik laufen zu lassen und die emotionale Karte meines Gehirns nach alten Erinnerungen und fabelhaften Zeiten zu durchforsten. Im Hinblick auf meine baldige Rückkehr nach Asien, in die zweigesichtigen Welten Thailands und Kambodschas, und einem japanischen Kontakt, den ich seit Neustem pflege, bewegt sich mein neuronaler Kompass auf das Gebiet von 2008 zu, in welches ich mit meinen Eltern die Traumreise schlechthin unternommen habe: das gelobte Land JAPAN. 

Zur Reise nach Japan gibt es viele Geschichten zu erzählen. Meine dortige original japanische Familie; mein Nachname auf einem Grabstein nahe Enoshimas; die seltsamen Dinge, die seltsamen Begebenheiten, die kleinen Freuden einer solchen Reise in eine andere Dimension. Doch in diesem Post widme ich mich der Karte und den Städten, die wir bereist haben. Wer selber plant nach Japan zu fliegen und genügend Zeit mit sich bringt (und vor allem Geld), den empfehle ich zum vollen Ausschöpfen der japanischen Erfahrung die Route, die wir gemacht haben:

Tokyo
Besteigung des Fuji-sans
Kyoto
Hiroshima und Miyajima
Naha auf Okinawa


In dieser Kombination hat sich ein Fächer an unterschiedlichen japanischen Charakteristiken aufgetan, die beispielhaft für deren nationale Seele sind. Unsere Reise fand zudem im Sommer statt, einer anders als in Deutschland sehr heißen Zeit, in der die Zikaden so laut dröhnen, dass mit diesem sommerlich psychedelischen Soundtrack die traumartige Konsistenz intensiviert wird. Die Fotografien sind von meinem Vater, da ich mich damals auf Videos spezialisiert habe, um daraufhin eine "poetische" Reisedokumentation zusammenzustellen (auf Anfrage kann ich zum DVD-Schauen einladen).


I. TOKYO
東京


Die Hauptstadt ist vor allem ein WAHNSINN: Eine futuristische Mega-Metropole, deren Stadtgrenze sich nicht erkennen lässt, deren Technologie die einer fremden außerirdischen Welt gleicht, deren Neon-Schein und Unterbewusstsein an Science-Fiction-Filme erinnert. Und die Wolkenkratzer sehen tatsächlich so aus, als würde jederzeit Godzilla zu erwarten sein. Von den Fünf ist dies der Ort der Dekadenz und des modernen Zeitgeists. Aber auch von Tokyo aus lässt sich geschwind zu anderen kleineren Orten flüchten, wie z.B.  Enoshima, um sich dort einem entspannten Badeortambiente zu ergeben.


II. FUJISAN
富士山

Einmal in seinem Leben muss ein Japaner auf den Vulkan Fujisan (welches der richtige Name für den hierzulande betitelten Fujiyama wäre), das Wahrzeichen Japans, steigen. Ich habe mich also zum Japaner taufen lassen. In einem gewaltigen Organisationsaufgebot ist der japanische Massentourismus dort etabliert. Es empfiehlt sich daher, die ruhigeren Nebenstrecken zu laufen, in der die grüne, dann anthrazitfarbige und schließlich rötliche Schönheit dieses Berges zu bewundern ist, zusammen mit vielen anderen in einer Berghütte zu schlafen, und dann mit dem Sonnenaufgang den Gipfel zu erreichen und laut "BANZAI!" (Sieg!) auszrufen. Fujisan ist das heilige Symbol und Repräsentant für den Kampfgeist der Japaner, der beispiellos ist in der Welt. Und was ein wenig mehr dem RPG-Klischee entspricht: Von Zeit zu Zeit lassen sich seine Höhenmetererfolge auf einen Wanderstab einbrennen und somit ein nettes persönliches Souvenir damit erstellen.


III. KYOTO
京都市


Wenn Tokyo die Moderne und Zukunft repräsentiert, ist Kyoto, die alte Hauptstadt Japans, die Wiege der Tradition, Philosophie und Kultur. Eine flache Stadt wie München ist der Geist ein anderer, es lässt sich alles entspannt auf dem Fahrrad erkunden und die Schönheit genießen, die von dieser Universitätsstadt ausgeht. In Kyoto habe ich mich auch kurzeitig von meinen Eltern abgesetzt, um eben mit dem Fahrrad die Spaziergänge des Philosophen Nishida nachzuvollziehen, die als Tetsugaku no michi, als Philosophenweg, ausgeschildert sind.


IV. HIROSHIMA/ MIYAJIMA 
広島市/ 宮島

In Hiroshima kommen wir zu einem anderen düsteren Kapitel der japanischen Seele: die sehr westlich geprägte Stadt, umkreist von Bergen und an einer Bucht gelegen, trägt in ihrem Zentrum die Narben des Zweiten Weltkriegs, der dramatischen Atombombenabwürfe. Ein Besuch in Hiroshima verlangt nach dem dortigen Museum, dass einen emotional zerrüttet in den grünen Friedenspark drum herum entlässt, wo man sich mit dem Gesehenen auseinandersetzen kann. Hiroshima wirkt diplomatisch und versucht, die westliche Welt mit der japanischen zu einen. Nur eine kurze Fährenüberfahrt entfernt liegt Final Fantasy X - ungelogen, Miyajima ist eines der schönsten japanischen Schreine und Orte Japans, wo einem klar wird, woher die Leute ihre Inspiration nehmen. Hier ist die seltsame Mischung von moderner Ratio und antikem Spiritualismus dargestellt, welche die Japaner ohne Widerspruch beide gleichzeitig akzeptieren.


V. NAHA, OKINAWA 
那覇市, 沖縄県

Weit entfernt vom Festland, geographisch und kulturell näher an China und als Geburtsort des Karate-Do bekannt, findet sich Okinawa, das Hawaii Japans. Als Ryukyu-Power (Ryukyu als alte Bezeichnung der Inselkette) lässt sich dort der Kampfgeist des Karates spüren, und das entspanntere, neugierigere und viel lebensbejahendere Temperament der Inselbewohner steht stark im Kontrast zum leistungsbezogenen, dystopischen Lebensstil der Tokyoter. Naha als Hauptstadt hat einen Flair, der zwischen richtigem Urlaubsfeeling und rebellischer Coolness und Lässigkeit pendelt. Kein Wunder, dass die langlebigsten Menschen dort zu finden sind.

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