SOAD *live* Part I: Everybody is going to the party have a real good time...
Es heißt, dass in der Frühzeit Dionysos - der Gott des Rausches, Herrscher über Leben und Tod - aus dem gebirgigen Herzen des Mittleren Ostens nach Griechenland gekommen sei und zum berühmten Gott des Weines geworden ist. Im christlichen Mittelalter erlebte er die Transformierung zu Satan, wurde von Nietzsche am Anfang der Moderne als den eigentliche Vater des Theaters wiederentdeckt und kehrte mitsamt seiner Feste, den Dionysen, in den 1960ern zurück - und zwar in Gestalt von Jim Morrison mit den Beschwörungsmitteln des Rock'n'Roll. Moderner Schamanismus.
SYSTEM OF A DOWN
Erfahrungsbericht - SOAD-Squad
Eine Musik mit den Begleitphänomenen von wütenden Grimassen und irrsinnigem Tanz hat diesen Sommer zu einer Dionyse der Schizophrenie geführt, und ich habe diese Erfahrung gemacht, im Doppelpack - festival mode in Rock Am Ring 2011 in Nürburg/ Eifel und concert mode in der Wuhlheide, Berlin.
Daron, Shavo, John, Serj. Und ihre kleinen Stoffaffen-Alteregos, die am Drumset befestigt wurden. Diese Vier befinden sich anfangs hinter einem weißen Vorhang, auf das der Schriftzug der Band projiziert wird. DÜM!
DÜ-DÜ-DÜ-DÜM!
DÜ-DÜ-DÜ-DÜM!
DÜ-DÜ-DÜ-DÜM!
DÜ-DÜ DÜDÜDÜ-DÜMMM!
(They try to bild a prison...)
Phase I
Deutschland und die Welt warten auf die Enthüllung, SYSTEM OF A DOWN sind zurück und schlagen den Ton mit "Prison Song" an. Innerhalb weniger Sekunden bildet sich ein Moshpit, der schnell größer wird und viel Spielraum für den wilden Tanz und Mosh bietet. Ich als der Surréalist befinde mich inmitten der Scharaden, keine Sekunde lang bietet SOAD eine Verschnaufspause, ihre Songs klatschen nahtlos aneinander und rammen die Moleküle mit Schall-Tsunamis zur Seite. Der Abend kleidet sich im Regen und sie sind der Sturm, der über das rasende Volk hinweg weht. Xiaofeng, der brüllende Wind - so bin ich deren Begleiter, werde immer mehr Beschwörungsmittel und mein eigener Schamane. Obwohl ich es immer schon wusste und hören konnte, so ergreift es mich dennoch, wie sehr die Musik von System Of A Down tanzbar ist; wahrgenommen in einem völlig neuen Wirklichkeitserlebnis durchfließt es zum ersten Mal nicht nur meinen Geist, sondern vor allem auch meinen Körper in einer Intensität, die dem Sex gleich kommt. Nicht nur wilde Mosh-Battle können erzeugt werden, sondern auch im besonderen Maße mittelöstliche Tanzrhythmen sowie psychedelische Rauschmomente, diese wiederum erzeugen Circle-pits, tanzende Individuen und weitere Vesikel, die immer größer werden und sich vereinigen, bis alles einem Schlachtfeld gleicht, das zwischen "War?" und "Aerials" all das Leben und den Tod vereint. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dies das beste Konzert in meinem Leben war - nie wieder werde ich 6 Jahre lang die unbedfriedigte Lust bis zur Explosion in mir tragen, dabei genug Platz zum Abpsychedelisieren nach dem Vorbild Darons und Serjs haben, ideal gekleidet sein und dem magischen Moment verfallen sein, der sich bei jedem ersten Konzert ergibt.
Serj: What's up Rock Am Rrrrin-gah?! Deutschland, we are
honoured to be with u again, thanks for having us!
System Of A Down sind wie eine Bombe eingeschlagen, sie haben den Deer Dance mitgebracht und den Humor nie vergessen. Die Lightshow ist ebenso dynamisch wie die Musik, auch die Szenerie, zu der gespielt wird, wechselt: ist es am Anfang nur der Namenszug, wechselt es eindrucksvoll in die mystische Atmosphäre der Gebirgszüge Armeniens im Mittelpart, und endet mit der Hand von John Heartfield, wie sie als Cover aus dem Debüt-Album bekannt ist. Die großen Bildschirme der Centerstage präsentieren das Antlitz Serjs im Regenschleier. Dass "I-E-A-I-A-I-O" und "Darts" live gespielt wurden, waren zwei grandiose Überraschungen; die Energie des Publikums ist unglaublich, der große Tumult auf der weiten Ebene zu "Suite Pee", "Toxicity" oder "Sugar", Papierfetzen auf dem nassen Boden mit seinen funkelnden Lichtreflexionen, dieser Wahnsinn, diese laufenden, springenden, tanzenden Loonatics werden mir ein Leben lang bis in den dunkelsten Tiefen meiner Kortex begegnen, wohin ich abtauchen werde, um die Geister der Erinnerung zu beschwören. System Of A Down haben die Grenzen meiner Erfahrung um ein weites Land verschoben, sie haben ein ganzes Gebirge versetzt, und ich habe mit der Hand zugegriffen, wie sie mich ergriffen hat.
When you free your eyes eternal prize
Setlist
Gesamtes Konzert der Live-Übertragung
P.S.: Und am Ende hat es sich sogar ergeben, dass Serj 1998 auf Serj 2005 trifft...
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